Gewässerschutz wird gestärkt: Bundesgericht urteilt zugunsten einer ökologisch funktionsfähigen Töss

04. November 2025

Weil es gegen geltende Bestimmungen des Gewässerschutzgesetzes verstösst, hat das Bundesgericht die Baubewilligung für ein Grossprojekt an der Töss aufgehoben. Das Urteil stärkt den Schutz von Fliessgewässern schweizweit.

Das Bundesgericht hat entschieden: Die geplante Überbauung «In den Auen» in Kollbrunn ZH darf nicht in der vorliegenden Form realisiert werden. Der Grund: Der gesetzlich vorgeschriebene Gewässerraum entlang der Töss wurde nicht korrekt ausgeschieden. Die betroffene Parzelle liegt in einem sensiblen Abschnitt des Flusses. Obwohl das Land seit den 1990er-Jahren eingezont ist, hat sich das Umweltrecht seither weiterentwickelt. Heute gilt: Fliessgewässer brauchen ausreichend Raum – für Hochwasserschutz, Biodiversität und ökologische Funktionen. Damit folgt das Gericht der Argumentation des WWF, der sich seit Jahren als Stimme für die zwar gelegentlich tosende, aber stumme Töss einsetzt. Letztere kann ja nicht selber für ihre Interessen einstehen. Bei besonders heiklen Projekten mit Eingriffen in die Natur, kann der WWF daher von einem unabhängigen Gericht überprüfen lassen, ob unsere Gesetze zum Schutz der Natur auch tatsächlich eingehalten werden. 

Der Gewässerraum ist für die Natur wichtig, weil er Lebensräume für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten schafft und so die Biodiversität fördert. Er dient als natürlicher Puffer für Hochwasserschutz und trägt zur Stabilisierung des Wasserhaushalts bei. Zudem verbessert er die Wasserqualität. Für uns Menschen bietet er wertvolle Erholungsräume und hilft, die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern. 

Der WWF Schweiz ordnet ein 

Der WWF begrüsst den Entscheid des Bundesgerichts. «Wir sind nicht grundsätzlich gegen diese Überbauung. Doch sie muss so geplant werden, dass sie im Einklang mit dem eidgenössischen Gewässerschutzgesetz steht und die bevorstehende Ausscheidung der Gewässerräume nicht behindert», sagt Jonas Schmid, Mediensprecher WWF Schweiz. «Dank dem Bundesgerichtsurteil wird das Gewässerschutzrecht nun richtig angewendet. Die neue Regelung gilt in der ganzen Schweiz.»  

Sehr wichtig ist laut Daniel Heusser, Gewässerschutzexperte beim WWF, dass dank dem Urteil in Zukunft vorgängig klar sein müsse, wieviel Platz ein Fluss für seine vielen Funktionen benötigt. Erst danach könne entschieden werden, ob und wie nahe allenfalls ans Gewässer gebaut werden kann.  

Umweltrecht ist nicht verhandelbar  

Für die rund 15'000 Quadratmeter grosse Parzelle wurde bereits 1994 ein privater Gestaltungsplan erlassen. Die Baubewilligung folgte im Jahr 2021. Seither hat sich laut Bundesgericht die Rechtslage zum Schutz und zur Revitalisierung von Fliessgewässern deutlich weiterentwickelt.

„Dieses Urteil ist ein Meilenstein für den Schutz unserer Flüsse. Es zeigt, dass Umweltrecht nicht verhandelbar ist – auch nicht bei alten Planungen“, sagt Cornelia Hafner, Geschäftsführerin des WWF Zürich. Das Urteil hat wegweisende Wirkung, es betrifft grössere Flüsse (natürliche Sohlenbreite über 15m) und eingezontes Bauland, das noch nicht überbaut ist. 

Weitere Informationen: 

Ausführliche Würdigung des Urteils durch den WWF

Bundesgerichtsurteil 1C_271/2024 vom 8.10.2025 

Tages-Anzeiger Artikel vom 29.10.2025

 

Steckbrief Verbandsbeschwerderecht 

Mit dem Verbandsbeschwerderecht kann einzig erreicht werden, dass die geltenden Gesetze eingehalten werden. Eine Beschwerde bewirkt, dass ein Gericht besonders heikle Projekte mit Eingriffen in die Natur auf ihre Rechtmässigkeit prüfen kann. Den Entscheid fällt immer das Gericht. Weist es eine Beschwerde ab, müssen die Verbände für die Verfahrenskosten aufkommen. Die vom Bundesrat bestimmten Organisationen müssen über den sorgfältigen Gebrauch des Beschwerderechts jährlich Rechenschaft ablegen. Das Verbandsbeschwerderecht besteht seit 1967 und wurde 2007 umfassend revidiert. 2008 hat es das Schweizer Volk mit 66 Prozent der Stimmen in allen Kantonen bestätigt. Dank dem Beschwerderecht gerettet: Aletschgebiet, Bolle di Magadino, Rebberge im Lavaux etc. Mehr: www.stimmedernatur.ch 

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